Aussaat
Ohne Gartenkunst gäbe es keine Zitrusfrüchte. A propos Kunst: Wußten Sie, daß sich Gärtner früher an fürstlichen Höfen „Kunst- und Handelsgärtner" nennen durften?
Früh hat der Mensch erkannt, welcher Mechanismen sich die Pflanze in der Natur bedient, um ihre Art über lange Zeiträume zu erhalten. Das Rezept lautet vereinfacht Blühen, Bestäubung, Samen ausbilden. Danach reift das Samenkorn aus und fällt zu Boden. Feuchtigkeit, Wärme und Licht lassen wieder und immer wieder neues Leben entstehen. Wir nennen dieseVermehrung durch Samen die generative Vermehrung.
Es liegt nahe, Zitronen- oder Orangenkerne in die Erde zu stecken und zu warten, bis sich etwas zeigt. Heute ist das bei Zitrusfrüchten kaum noch möglich, da viele Zitrusarten kernlos sind.
Eine sog. Liebhaber-Aussaat kann folgendermaßen vor sich gehen: Man nehme einen Tontopf, fülle ihn zu 2/3 mit einem Substrat aus Torf und Sand (Mischungsverhältnis 2:1). Die Füllung wird angedrückt und das Substrat leicht angefeuchtet. Darauf legt man die Orangen-, Zitronen-, oder Mandarinenkerne, bedeckt sie mit Substrat und drückt sie an. Das Ganze wird in einen Untersetzer mit Wasser gestellt. Der Tontopf nimmt mit seiner Tonwandung (Kapillarität) das Wasser auf und gibt es weiter an das Substrat (Topf muß nicht ständig im Wasser stehen). Zuletzt wird der Blumentopf mit einer Glasscheibe oder Plastikfolie abgedeckt. So kann das Substrat nicht austrocknen. Der Blumentopf bekommt einen etwa 13 bis 15 Grad warmen Standort an einem Fenster. Ist der Samen keimfähig, zeigt sich die junge Pflanze nach 3 bis 4 Wochen. Ein guter Gärtner lüftet den Deckel jeden Tag etwas, damit sich der Keimling allmählich an sein neues Dasein gewöhnen kann. Dann kann die Glasscheibe entfernt werden. Die Pflanze muß bei 18 bis 20 Grad langsam an die rauhe Wirklichkeit herangeführt werden. Im Sommer steht sie auch gut im Freien. Nach 6 bis 12 Monaten kann der Sämling schon einen Stammdurchmesser von 0,5 cm und eine Höhe von 50 bis 80 cm erreicht haben.
Die zweite Art der Vermehrung erfolgt, wenn Zweige, Blätter oder Triebspitzen gewaltsam vom Wind oder von Tieren abgerissen werden, und auf dem Boden liegend Wurzeln bilden. Wenn daraus neue Pflanzen erwachsen, ist das die vegetative Vermehrung.
Zitrusarten werden immer durch Kopfstecklinge vermehrt. Um damit Erfolg zu haben, braucht man ausgereifte Zweige, die in ein Torf-Sandgemisch gesteckt werden. Ein Plastikschutz sorgt für eine Bewurzelungstemperatur von 20 bis 22 Grad. Schon im 17. Jahrhundert kannte man verschiedene Arten der Veredelung, wie z.B. die Okulation, das seitliche Anspitzen und Anplatten.
Warum veredeln?
Man gab schon immer viel aufs Äußere. Im 16. Jahrhundert wurde in einer Unzahl von Zitrus-Kulturformen Farbe, Duft, Zierlichkeit oder Kernlosigkeit hervorgehoben. Für eine Veredelung braucht man zwei Pflanzen, die Unterlage und das Edelreis. Die Unterlage muß gewisse Eigenschaften wie Frosthärte, Resistenz gegen Schädlingsbefall oder gute Ertragsdauer haben. „Die Beschaffenheit der Unterlage muß gesund und gut bewurzelt sein", befand schon 1869 Oskar Teichert, der als Kultivator bekannt war.
Die Okulation
beginnt mit einem T-Schnitt in die Rinde der Unterlage entsprechend der Größe des Edelreises. Die Rinde wird am Einschnitt gelöst und hochgeklappt. Das Edelreis ähnelt einem kleinen Schild. Es ist die Sproßknospe (schlafendes Auge) mit Blattstiel, die einer Mutterpflanze entnommen wurde. In den hochgeklappten Einschnitt wird das Schildchen eingeschoben. Das ist die ganze Kunst. Jetzt wird die „Wunde" verbunden, nur das Auge mit Stiel bleibt frei. Erst 12 Wochen später zeigt sich der Erfolg. Das Auge wird seine grüne Farbe behalten und der Blattstiel löst sich von selbst.
Seitliches Anspitzen
Bei dieser Veredlungsmethode wird in die Unterlage der Rinde ein Schrägschnitt zum Holzteil gemacht und der Einschnitt (Span) nach außen gebogen. Das Edelreis wird als kurzer Zweig, mit mindestens zwei Augen geschnitten, angespitzt und in den Schrägschnitt gesteckt. Die Schnittflächen der Unterlage und das Edelreis müssen unbedingt glatt aneinander liegen. Das Ganze wird mit Bast verbunden und mit Baumwachs verschlossen. Die Schnittflächen dürfen nicht mit den Händen berührt werden, Hautschweiß vertragen sie nicht.
Pflege und Kultur
Zitrusbäumchen sind eigentlich keine Zimmerpflanzen, sie wollen im Sommer im Freien stehen. Zur Überwinterung brauchen sie einen hellen, kühlen Platz von 10 bis 12 Grad. Gegossen wird erst, wenn sich die Blätter leicht biegen lassen. Der Wurzelballen darf jedoch nie austrocknen. Wenn der Topf stark mit Wurzeln durchzogen ist, sollten Sie umtopfen! Die beste Zeit dafür ist April bis August. Beachten Sie beim Verpflanzen, daß alte und kranke Wurzeln entfernt werden. Der Wurzelballen wird gelockert. Das Pflanzsubstrat ist eine Mischung aus Kompost, Lehm, Sand und Torf im Verhältnis 2:1:1:1. Gedüngt wird in der Wachstumsperiode ab dem zweiten Jahr mit Volldünger, und zwar alle drei Wochen.