Der erste Frühlingsbote
Die Blüte des Winterlings, Eranthis hyemalis, beginnt früh im Jahr und ist besonders schön im Eingangsbereich des Gartens am Königin-Luise-Platz zu beobachten.
Auf Italienisch heißt er 'piè de gallo', was nichts anderes bedeutet als Hahnenfuß. Damit gibt er seine Familienzugehörigkeit zu erkennen.
Dieses kleine Pflänzchen besteht aus einem einzigen Stengel, der an seinem oberen Ende eine Rosette von drei zerschlitzten Blättern wie einen Kragen trägt, in dessen Mitte eine murmelgroße gelbe Blüte sitzt. Jetzt, im frühesten Zustand der Blüte und bei trübem Wetter, ist diese gelbe Kugel geschlossen. Bei Sonnenschein öffnet sie sich rasch, die Blütenblätter breiten sich weit aus zu einer gelben flachen Schale, in der den wenigen, jetzt schon aktiven Insekten Pollen und Nektar dargeboten wird. Abends ab 19 Uhr mitteleuropäischer Zeit schließen sich die Blüten wieder. Wenn sie bis 20 Uhr noch geöffnet angetroffen werden, ist die Sommerzeit eingeführt worden.
Der Lebenszyklus des Winterlings vollendet sich in der kurzen Spanne zwischen heute und Ende Mai. In dieser Zeit blüht und fruchtet die Pflanze, legt in ihrem unterirdischen Wurzelstock Reserven für das nächste Jahr an und verschwindet dann von der Erdoberfläche, noch ehe der eigentliche Sommer beginnt.
Was die kleine Blume einzeln an Wirkung nicht erreichen kann, macht sie durch Masse wieder wett. Aus einem einzigen Pflänzchen werden in wenigen Jahren tausend. Der Winterling liebt es, in Massen aufzutreten und erreicht dies ohne Zutun der Menschen, mit Hilfe der fleißigen Ameisen. Die Ameise liebt das erste Samenkorn des Winterling. Es wird verschleppt, und da der Samen nicht schmeckt, nur das nahrhafte Anhängsel, wird er achtlos wie Einwickelpapier irgendwo liegengelassen. Die allerletzten Samenkörner werden ausgestreut, wenn der Wind das trocken gewordene Pflänzchen, das sich dann vom Erdboden löst, durchs Unterholz treibt. Außerdem verläßt es sich nicht ganz auf die Ameisen und Wind, sondern treibt zusätzlich unterirdische Ausläufer.
Seine Herkunft ist SO-europäisch. Es folgt der allgemeinen aktuellen Wanderbewegung von Serbien über Mittelitalien und Südfrankreich über Rhein und Elbe nach Norden bis Mecklenburg. Selbst jenseits des Atlantiks ist es anzutreffen, in Nordamerika.