Der Botanische Garten Berlin wurde 1679 gegründet. Obwohl er zu dieser Zeit keiner großen Kolonialmacht angehörte, erhielt der Garten über internationale botanische Netzwerke beträchtliche Mengen an Pflanzen, Samen und Herbarbelegen aus Überseegebieten. Diese Materialien stammten von Botanikern, die im Ausland tätig waren, darunter auch in Kolonien anderer europäischer Mächte. Eine weitere wichtige Quelle war der Austausch von Pflanzenmaterial mit anderen Botanikern, Herbarien, botanischen Gärten und kommerziellen Baumschulen.
Unter der Leitung von Carl Ludwig Willdenow (1801–1812) spielte Berlin bereits eine einflussreiche Rolle innerhalb dieser globalen wissenschaftlichen Netzwerke. Damit war der Grundstein dafür gelegt, dass der Botanische Garten Berlin noch vor der Gründung des Deutschen Reiches 1871 und dessen anschließender Eroberung kolonialer Gebiete zu einer der größten Einrichtungen seiner Art in Europa wurde.
Auf der Berliner Konferenz von 1884–85 teilten die europäischen Mächte den afrikanischen Kontinent unter sich auf. Deutschland ging aus diesem Prozess als Kolonialmacht mit den drittgrößten Überseegebieten hervor. Nur vier Jahre später, im Jahr 1889, erhielt der Botanische Garten Berlin durch einen Beschluss des Bundesrats das Vorrecht, botanische Sammlungen aller vom Reich finanzierten Expeditionen zu erhalten. Im Jahr 1891 wurde im Garten die „Botanische Centralstelle für die deutschen Kolonien” gegründet.
Die „Centralstelle“ unterstützte die koloniale Plantagenwirtschaft, indem sie tropische Pflanzen erforschte, Nutzpflanzen testete, Samen und lebende Exemplare in die Kolonien schickte, Gärtner für den Dienst in den Kolonien ausbildete und Behörden, Händlern, Missionaren sowie Plantagenbesitzern beratend zur Seite stand. Der Garten war zudem angehalten, die deutsche Öffentlichkeit in seinen Ausstellungen über die Kolonialbotanik und das wirtschaftliche Potenzial von Pflanzenprodukten aus den Kolonien zu informieren. Auf diese Weise trug der Botanische Garten Berlin zur Umsetzung der Plantagenwirtschaft im Interesse der deutschen Kolonialherrschaft bei.
Zwischen 1895 und 1910 wurde der Botanische Garten aus Platzgründen von seinem ursprünglichen Standort in Schöneberg an das weitläufigere Gelände in Dahlem verlegt. Der neue Garten sollte das Leitmotiv „die Welt im Garten“ verwirklichen und sich im internationalen Wettbewerb mit renommierten Einrichtungen wie den Kew Gardens in London und dem Botanischen Garten in St. Petersburg als repräsentatives Symbol der imperialen Ansprüche und des Prestiges des Deutschen Reiches positionieren.
Zusätzlich zur "Centralstelle" organisierte die Heckmann Wentzel Stiftung der Preußischen Akademie der Wissenschaften (heute Berlin Brandenburgische Akademie der Wissenschaften) zahlreiche Forschungsexpeditionen. In nur drei Jahrzehnten konnten dadurch die Sammlungen der lebenden Pflanzen sowie die Herbarbestände des Gartens – insbesondere das umfangreiche Material aus den deutschen Kolonien – erheblich erweitert werden. Nachdem der Vertrag von Versailles 1920 das Ende des deutschen Kolonialreichs besiegelte, wurde die „Centralstelle” aufgelöst. Dies bedeutete jedoch nicht das Ende der von Deutschen betriebenen Plantagen oder der botanischen Forschungs- und Sammelaktivitäten deutscher Wissenschaftler in den ehemaligen Kolonien.
1937 beauftragten deutsche Unternehmer und Kaufleute den Botanischen Garten Berlin, angewandte Forschungsarbeiten auf Plantagen im britisch verwalteten Teil Kameruns durchzuführen. Auf dieser Grundlage wurde 1939 die neu gegründete „Botanische Zentralstelle für die Kolonien“ wieder aktiv – finanziert aus privaten Mitteln. Bereits kurze Zeit später beeinträchtigten die Kriegsbedingungen die Tätigkeiten der Zentralstelle, sodass ihre Arbeit 1943 endgültig zum Erliegen kam.